2012, keine Technik zu viel
Toni erwacht bei sanften Klängen die sein Haushaltsroboter aufgelegt hat. Im Jahr 2012 konnte der Roboter noch keinen Plattenspieler bedienen. Die neue Gebäudereinigungsingenierin hat als Nebenfach Informatik studiert und es dem Roboter beigebracht. Ultrateuer war das und es hat einigen Vinylplatten das Leben gekostet. Da steht also wieder mal eine Reise nach London an um die teuren Artefakte zu ersetzen.
Die Kaffeemaschine meldet sich zum zweiten mal zu Wort: „Toni der Kaffee wird bald schal.“ Genervt macht er sich auf den Weg in die Kochnische. Mitten im allmorgendlichen Ritual mahnt ihn der Terminplaner am Armgelenk doch endlich zur Arbeit aufzubrechen. Sogleich stürmt er aus dem Haus zu seinem Individualtransportmittel. Drei Schritte vor ihm erkennt es am implantiertem Oberarm-RFID-Chip seinen Besitzer und öffnet geräuschlos die Tür, das Verdeck verschwindet und die Fenster senken sich.
„Guten morgen Toni, auch schon wach?“ wird er begrüsst. Toni murmelt etwas von blöder Karre und steigt ein. „Zum Büro!“ weist er das Auto an. Gelassen startet der Wagen seine Brennstoffzellen und macht sich auf den Weg. „Bei der aktuellen Verkehrslage werden wir in 25,3 Minuten ankommen“ wird Toni informiert. „Kann ich sonst noch etwas für dich tun?“ fragt der Wagen.
„Ja – Musik, etwas ruhiges“ antwortet er. „Das ist nicht möglich weil die Internetgebühr noch immer nicht überwiesen wurde.“ Mist, denkt sich Toni. „Dann spiel irgendwas vom Fundus.“ weist er an. „Auch nicht möglich weil die Digitalen Rechte nicht gültig sind.“ Toni fragt „Wieso?“
Der Bordcomputer antwortet ausführlich: „Laut meinem Vertrag gibt es mich nur mit DRM. Das steht im Klausel 25 beim 15-ten Stern. Soll ich vorlesen?“ „NEIN!“ macht sich Toni Luft.
Wortlos wird die Fahrt dank der kostenlosen Galileo-Navigation fortgesetzt. Am Grossparkplatz wird automatisch eine öffentliche Kabine bestellt die Toni dann direkt vor die Bürotür bringt. Mit verlassen der Kabine kommt auch gleich sein persönlicher Arbeitsplatz vorgefahren. Toni trottet dem Teil lustlos hinterher. Letztendlich weiss nur der Trolly wo Toni heute seinen Platz hat. Dort angekommen klappt sich sein Arbeitsplatz auf. Nach 2564 SPAMs und drei Stunden später findet Toni endlich was er heute zu tun hat. Die drei Stunden werden natürlich nicht berechnet. Seine Schuld wenn er bei den Onlinespielen seine Büro-Mail-Adressen angibt. Die Kinoeinladung seiner Freundin übersieht er bei den SPAMs natürlich. Das gibt Ärger wo nur noch ein einziges Kino werbefrei ist. Nach dem Medienkrieg hat nur noch der eine Filmpalast werbefrei überlebt.
Das TV hat Toni schon vor Jahren abgeschafft nachdem sich die Formate immer noch nicht einigen konnten und nichts mehr stabil funktioniert. Nur noch der antike Schallplattenspieler knistert ohne verfälschende Entknacksung nach über 40 Jahren und 25 neuen Treibriemen zuverlässig mit Antiskating vor sich hin.
Plötzlich. Ein heller Schein in dem sich seltsame Figuren abzeichnen und in hohlem Ton sprechen. „Hallo Erdling, wird haben eure Einladung in Voyager bekommen.“ Toni ganz verdattert: „Welche Einladung, was für ein Voyager? Der wird doch seit 16 Jahren nicht mehr gebaut“.
„Hier ist sie“ Die Gestalt hält eine goldene Scheibe hoch. „Ich spiel sie dir vor. Du bist der einzige Erdling der ein kompatibles Abspielgerät hat“. Der Haushaltsroboter macht der Gestalt Platz. Der Tonarm wird aufgesetzt ...
Durch ein lautes hässliches quitschen erwacht Toni und steht senkrecht im Bett. Er geht zum Fester, sieht sein Fahrrad. „Was für ein Traum. Aber den Plattenspieler werde ich ewig pflegen“
(c) 2006 by Robert Smazinka
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